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Die Schöne aus Friaul

Großgewachsen und blond, war Giovanna eine wahre Schönheit, wie man sie in ihre Heimatdorf nur selten gesehen hatte. Alle fragten sich, wer wohl der Glückliche sein werde, der dieses anmutige Geschöpf würde zum Altar führen dürfen. Giovannas Mutter träumte davon, dass ihre einzige Tochter eine Traumhochzeit erleben sollte, am liebsten mit einem Prinzen, und verbrachte die meiste Zeit damit, Handtücher und Bettwäsche für die Aussteuer mit erlesenen Stickereien zu verzieren. Giovanna war sich ihrer auffallenden Schönheit natürlich wohl bewußt. Keineswegs dachte sie allerdings ans Heiraten – vielmehr wollte sie ihr Glück in Neapel versuchen und Schauspielerin werden! Als Künstlernamen wählte sie „Anastasia“, denn immer schon hatte sie dieser seltene und geheimnisvolle Namen fasziniert, der nach eleganten und raffinierten Frauen klang. In der großen Stadt angelangt, führte das Schicksal Anastasia zwar nicht eben zu Theater und Film, doch boten sich ihr andere, ebenfalls einträgliche Arbeiten in luxuriösem Umfeld an.
Den Beinamen „Die Schöne aus Friaul“ legte sie sich später zu: Eines Tages trat ein nobler Herr ein und wurde Anastasia gewahr, die engelsgleich im Salon des Freudenhauses sitzend auf einen Freier wartete. So hoch gewachsen, blond und langbeinig, erinnerte Anastasia den Herren an eine große Jugendliebe: Sie waren einen Sommer lang in Kampanien ein unzertrennliches Liebenspaar gewesen, doch dann musste die junge Dame ins ferne Friaul nach Udine zurück, und die beiden sahen sich nie wieder.
Anastasia war ergriffen, als sie von dieser rührseligen Begebenheit hörte, die sich so gut für den „Kinematographen“ geeignet hätte – nur allzu gerne hätte sie als Schauspielerin die Rolle jener bezaubernden Frau aus Udine interpretiert ... und von jenem Tag an war sie die „Schöne aus Friaul“.

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